Das Bundesministerium für Gesundheit will entsprechend dem Koalitionsvertrag die Ausbildungen in den Gesundheitsfachberufen neu ordnen und stärken und dafür ein Gesamtkonzept zusammen mit den Ländern erarbeiten. Zu diesem Zweck wurde eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe „Gesamtkonzept Gesundheitsfachberufe“ ins Leben gerufen. Neben Themen wie Ausbildungsvergütung, Anerkennung von beruflichen Abschlüssen und der Frage der Akademisierung, werden auch das Thema Schulgeldfreiheit und damit einhergehende Finanzierungsfragen zu erörtern sein. Bis Ende 2019 sind Eckpunkte als Basis für notwendige gesetzliche Änderungen geplant. Im Juni 2019 wurde der HVG im Rahmen der schriftlichen Verbändebeteiligung, um Beantwortung eines Fragenkataloges gebeten.
Am 07. Juni 2019 fand an der Hochschule Fulda die diesjährige Mitgliederversammlung des HVG statt. Vorgeschaltet war eine Tagung mit Fachvorträgen und anschließender Diskussion, die rund 60 Teilnehmerinnen und Teilnehmer besuchten.
2019 ist das Jahr, in dem die seit langem angemahnte Reform der Berufsgesetze politisch vorbereitet wird. Der Erwerb von fachpraktischen Kompetenzen ist ein wichtiger Bestandteil der hochschulischen Ausbildung. Die Vorträge auf der Fachtagung nahmen deshalb hauptsächlich drei Fragestellungen in den Blick:
Welche Ziele verfolgt die praktische hochschulische Ausbildung?
Wie soll die praktische hochschulische Ausbildung gestaltet sein? Z.B. im Hinblick auf Lernorte, Theorie-Praxis Verzahnung, Anleitung, Begleitung
Was ist in der Übergangsphase von schulischer zu hochschulischer Ausbildung nötig, um die Ziele der praktischen Ausbildung zu erreichen?
Einführend fasste Prof. Dr. Mieke Wasner, langjähriges Vorstandsmitglied des HVG, die zentralen Positionen des HVG zur hochschulischen Praxisausbildung zusammen: „Primärqualifizierende Studiengänge bilden in erster Linie berufspraktisch tätige Therapeutinnen und Therapeuten aus. Die patientenorientierte, praktische Ausbildung steht im Mittelpunkt des Studiums.“ Ziel der hochschulischen Ausbildung ist nicht eine leitenden oder spezialisierte Tätigkeit, sondern die Befähigung zur wissenschaftsbasierten und praxisorientierten Arbeit, um eine möglichst evidenzbasierte, individualisierte, klienten- und nutzerzentrierte Versorgung zu ermöglichen.
Den ersten Vortrag: “Professional education standards and frameworks for developing clinical competences across the allied health disciplines in UK”, der vorab für die Fachtagung aufgezeichnet wurde, hielt Dr. Hazel Roddam PhD, RegMRCSLT, Reader in Allied Health Practice at University of Central Lancashire (UCLan), UK. Sie vermittelte einen Einblick in die Ausbildungsstandards und ihre Qualitätssicherung am Beispiel der seit vielen Jahren etablierten akademischen Praxisausbildung in Großbritannien. Anschließend hatten die Teilnehmer*innen per Live-Schaltung die Gelegenheit, der Referentin persönlich Fragen zu stellen.
Die Erfordernisse und Entwürfe zur aktuellen Reform der Berufsgesetze – mit besonderer Berücksichtigung der Ziele und Gestaltung der praktischen hochschulischen Ausbildung wurden aus Sicht der Verbände anschließend von
Christina Ovesiek (Projektgruppe DVE) aus Sicht der Ergotherapie,
Marietta Handgraaf (SHV Fachgruppe Physiotherapie) aus Sicht der Physiotherapie,
Dietlinde Schrey-Dern (AK Berufsgesetz) aus Sicht der Logopädie, dargestellt.
Nach der intensiven Diskussion führten Prof. Dr. Hilke Hansen (HVG Vorstand) und Prof. Dr. Mieke Wasner (HVG Vorstand) die Ergebnisse zu einem Ausblick zusammen. Einig waren sich die Diskutant*innen, dass die Vollakademisierung über alle Berufsgruppen hinweg gefordert wird und primärqualifizierende Studiengänge, die unter alleiniger Verantwortung der Hochschulen stehen, dualen Studiengängen vorzuziehen sind.
Auf der anschließenden Mitgliederversammlung wurde bekräftigt, dass die einhellige und in zahlreichen Papieren gut begründete Forderung der Therapieberufe und ihrer verbandlichen Vertretungen nach einer Vollakademisierung und einer klaren Absage an eine Teilakademisierung durch eine Kampagne an die Politik und an die Öffentlichkeit herangetragen werden muss. Von besondere Bedeutung ist dabei die Vermittlung der grundlegend klinischen Ausrichtung der hochschulischen Ausbildung. Prof. Dr. Bernhard Borgetto, 1. Vorsitzender des HVG fasste die Diskussion folgendermaßen zusammen: „Die Vorurteile, die einer hochschulischen Ausbildung der Therapieberufe gegenüber noch immer bestehen, müssen ausgeräumt werden, damit die anstehenden Entscheidungen nicht auf falschen Grundlagen getroffen werden. Niemand würde einem Arzt oder einer Ärztin Patienten- und Praxisferne vorwerfen, weil er oder sie an einer Universität ausgebildet wurde. Aber bei den Therapieberufen hält sich hartnäckig das Vorurteil, dass eine hochschulische Ausbildung nicht zur Therapie mit Patienten qualifiziert.“ Die HVG-Mitglieder sprachen sich mehrheitlich dafür aus, HVG-eigene Finanzmittel einzusetzen und gemeinsam mit den Berufs- und Schulverbänden die politische Meinungsbildung zur Akademisierung der Therapieberufe bis zum Ende diesen Jahres öffentlichkeitswirksam zu begleiten und Vorurteilen entschieden entgegenzutreten.
Die diesjährige HVG-Fachtagung und Mitgliederversammlung findet am Freitag, den 7. Juni 2019, 9:30-15.30 Uhr an der Hochschule Fulda (Halle 8, Leipziger Straße 123, 36037 Fulda) statt. Eine Anmeldung ist nur noch per Mail an info@hv-gesundheitsfachberufe.de möglich.
Die Fachtagung mit dem Thema „Die praktische hochschulische Ausbildung in den Therapieberufen: Ziele, Gestaltung und Übergang von Berufsfachschule zur Hochschule“ steht allen Interessierten kostenfrei offen. Eine Anmeldung ist nur noch per Mail an info@hv-gesundheitsfachberufe.de möglich.
Der Newsletter “Promotionspfade in den therapeutischen Gesundheitsberufen“ richtet sich insbesondere an (angehende) Promovierende der therapeutischen Gesundheitsberufe, im weiteren Sinne aber auch an alle anderen Akteure wie Hochschulen, Universitäten und Forschungseinrichtungen und natürlich Promotionsbertreuerinnen und Betreuer, Professorinnen und Professoren und alle sonstigen Interessierten.
Mit diesem Newsletter sollen die Angebote und Akteure der Akademisierung in den therapeutischen Gesundheitsberufen sichtbar gemacht und miteinander vernetzen werden.
Die Zukunft der Ausbildung war Gegenstand der 2. Konferenz der Berufsverbände, Berufsfachschulverbände und des Hochschulverbunds Gesundheitsfachberufe am 11. Februar 2019 in Hildesheim. Die teilnehmenden Verbände sind sich einig, dass eine zukunftsfähige Reform der Berufsgesetze auf einer Hochschulausbildung basiert. Sie begrüßen die politischen Aktivitäten zu Steigerung der Attraktivität der Therapieberufe, diese werden jedoch allein nicht als ausreichend angesehen. Der Fachkräftemangel in den Therapieberufen ist mittelfristig nur zu beheben, wenn die therapeutische Tätigkeit in ihrer Komplexität und ihrem Wissenschaftsbezug anerkannt wird und eine Ausbildung auf Hochschulniveau die notwendigen Voraussetzungen sichert.
Die Pressemeldung zu den aktuellen Positionen der Verbände finden Sie hier.